Großschadenslage auf der Landesstraße fordert die Rettungskräfte auf Amrum – Übung für den Notfall…

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Was die rund 72 Rettungskräfte auf Amrum am vergangenen Wochenende als Unfallszenario auf der Landesstraße in der sogenannten „Leuchtturmkurve“ vorfanden, war ein wahres Knäuel aus verunfallten Fahrzeugen, in denen viele Personen zu Schaden gekommen wahren und teilweise um ihr Leben rangen. Durch den Massenanfall von Verletzten war die schon häufig geübte Zusammenarbeit zwischen Rettungsdienst und Feuerwehr auf Amrum gefordert.

 

„Das ist doch eine Puppe, die da auf der Motorhaube liegt?“, versucht sich eine ältere Dame zu beruhigen, als sie durch das Dickicht an der sogenannten Leuchtturmkurve auf die Straße blickt, bevor die Rettungskräfte eintreffen. „Das ist eine große Übung, erkläre ich ihr, worauf sie nachlegt“. „Aber da vorne in der Kurve, da ist doch ein schwerer Unfall geschehen“. „Auch das ist ein Bestandteil der Übung“, lässt sie sich nun doch überzeugen.

 

Als Regisseur dieser umfangreichen Übung war Jörg Carstensen von der Freiwilligen Feuerwehr Wyk auf Föhr nach Amrum gekommen und hat dabei, so waren sich wirklich alle Beteiligten nach der Übung einig, ein gutes Drehbuch, mit vielen Variablen und nicht vorher festlegbarem Ausgang im Gepäck gehabt. „Wir hätten diese Übung in dieser Form und solch einem enormen Umfang niemals durchführen können, wenn nicht die Wyker Dampfschiffs-Reederei die Fährüberfahrt komplett gesponsert hätte“, so Carstensen mit einem großen Dankeschön aller an die Geschäftsführung. So brachte der Regisseur nicht nur fünf ausgemusterte Fahrzeuge per Tieflader von Föhr mit, er hatte auch das Spezialfahrzeug HLF 20 für den Einsatz bei Unfällen und technischen Anforderungen der Wyker Feuerwehr mit einer Gruppenbesetzung mitgebracht.

 

„Vor zwei Jahren haben wir solch eine Übung auf Föhr organisiert, an der die Kameraden der Wittdüner Gemeindefeuerwehr mit ihrem Löschgruppenfahrzeug mit technischer Hilfeausrüstung teilnahmen“, erklärt Carstensen. Regnete es vor zwei Jahren noch junge Hunde, so hatte der Wettergott für den Übungstag auf Amrum, das beste Wetter für die Akteure vorgesehen. Ein Umstand, den alle Beteiligten durchaus zu schätzen wussten.

 

Bereits am Freitag wurde am Wittdüner Gerätehaus die sogenannte Kettenübung an einem Unfallfahrzeug geübt. Hiebei handelt es sich um eine Art der Befreiung von schwerst Verunfallten, deren Verletzungen keine patientengerechte Rettung mehr zulassen. Dabei wird das Fahrzeug regelrecht auseinander geknickt, um so die Person/en in der maximal verbleibenden Zeit der ärztlichen Versorgung zuzuführen und so die Überlebenschancen zu erhöhen.

 

Am Samstag fanden die ersteintreffenden Einsatzkräfte des Rettungsdienstes fünf verunfallte Pkws vor, die in einen Unfall mit zwei Traktoren mit Anhänger verwickelt waren. Aufgrund der starken Rauchentwicklung und der Anzahl der nach der ersten Sichtung des Rettungsdienstes vorgefundenen Personen löste Rettungsdienstleiter Andreas Zawieja für die Insel Amrum Vollalarm aus.

 

Aus drei Fahrzeugen mussten unterschiedlich schwer verletzte Kinder und Erwachsene mit schwerstem technischem Gerät befreit werden. Die eintreffenden Einsatzkräfte fanden derart realistisch geschminkte freiwillige Opfer vor, dass es schon gruseln konnte. Amtswehrführer Hauke Brett aus Nieblum war mit seiner Tochter Jelva schon früh am Morgen im Wittdüner Gerätehaus tüchtig gewesen. „Die Requisiten hat Jörg Carstensen alle selbst gebastelt“, erklärt Hauke Brett, als er dem Opfer die im Hals steckende Glasscherbe anklebt und mit der entsprechenden Dosierung Theaterblut die Verletzung in der Wirkung abrundete.

 

„Wir hatten trotz des umfangreichen Unfallszenarios, dank der eingespielten Zusammenarbeit zwischen Rettungsdienst und den Einsatzkräften der Feuerwehr, eine sehr kurze Chaosphase am Unfallort“, fasste die leitende Notärztin Claudia Derichs nach der Übung zusammen. „Die Messlatte wurde sehr hoch gehangen und wir mussten eine sehr schwere Aufgabe abarbeiten“. „Nach rund einer Stunde waren bis auf eine alle eingeklemmten Personen aus den Fahrzeugen befreit und der weiteren ärztlichen Versorgung zugeführt. Eine Person, die durch ein Verkehrsschild durchbohrt wurde, konnte nach 1,5 Stunden schließlich befreit werden“, resümierte Jörg Carstensen den Ablauf. „Wir dürfen nicht vergessen, dass die notärztliche Versorgung der Patienten in Zeitraffer passierte“, erklärte Notarzt Peter Totzauer. „Ich musste allein drei Personen intubieren. Unter realen Bedingungen hätten wir bei solch einem Szenario eine weitere Zuführung von Ärzten eingefordert. Die, wie bei dem Schiffsunfall am Wittdüner Fähranleger aus den Amrumer Kliniken stammen würden, beziehungsweise vom Festland eingeflogen werden müssten“, so Totzauer.

 

„Ich ziehe den Hut für das geleistete aller Beteiligten“, zeigte sich Amtswehrführer Hauke Brett zufrieden. „Die Zusammenarbeit war eingespielt und die Einsatzkräfte auf Amrum bringen bei solchen umfangreichen Schadenslagen bewiesenermaßen eine große Erfahrung mit. Beeindruckend auch die bewährte Lösung der wettergeschützten Zwischenlagerung und dem Abtransport der Verletzten im und mit dem Omnibus“, so Brett. Auch diesmal wurde von der WDR wie selbstverständlich ein Gelenkbus zur Verfügung gestellt.

 

Claudia Derichs wünschte sich für die nächste Übung vornehmlich erwachsene Opferdarsteller, befürchtete sie doch, dass die Szenarien zu realistisch für Kinder seien, könnten. Nebels Ortswehrführer Oliver Ziegler regte für die Leuchtturmkurve eine Zuwegung über den parallel verlaufenden Tanenwai an. Die Übung habe gezeigt, dass die Straßenführung mit der einfassenden Bewaldung bei einem Verkehrsunfall für die Rettungsfahrzeuge wie ein Pfropf wirkt.

 

Die Wyker Kameraden bedankten sich für die Gastfreundschaft der Wittdüner Feuerwehr und die sehr gute Zusammenarbeit am Unfallort, zumal sich die Kameraden doch fremd waren und trotzdem wie selbstverständlich miteinander funktionierten und die Notsituation abgearbeitet haben.

 

Großschadenslage in der Leuchtturmkurve

 

Notarzt Peter Totzauer bei der ärztlichen Versorgung

 

Ohnmächtige Patientin wird gerettet...

 

Erschwerte Bedingungen durch Feuer

 

Unwegsames Gelände

 

Das Autodach ist bei der Rettung im Weg

 

Gut geschminkt- tat nicht weh…

 

 

Autor: Thomas Oelers

 

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